Silber reden

Silber reden – Gold denken. Jetzt in Moldau

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Marschrutka mon Amour

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Moldau ist wie viele andere osteuropäische Länder auf ein System von Minibussen angewiesen. Diese heißen Marschrutkas (oder Rutieră auf Rumänisch) und sind häufig die einzige öffentliche Verkehrsanbindung vieler Städte und Dörfer. Hier ein kleiner Eindruck des Fahrerlebnisses:


Dazu muss man sich den besonderen Marschrutkaduft vorstellen: Eine Mischung aus abgestandener Luft, Schweiß und altem Auto. Besonders viel Spaß macht es natürlich im Sommer, wenn man Schulter an Schulter mit viel zu breiten Männern schaukelt.

Musik spielt eine große Rolle in Marschrutkas. Es läuft russischer, rumänischer oder amerikanischer Pop. Die Musik ist fast immer unerträglich schlecht – meiner Meinung nach zumindest. Auch ist sie häufig so laut, dass man sie selbst mit Kopfhörern noch hört.

Hier sind zwei Beispiele der besseren Sorte, beide laufen im Grunde ständig und ich hatte von beiden schon mehrfach Ohrwürmer:

Bisher fand ich die Musik erst zweimal gut: Einmal lief entspannter House, das andere Mal lief nichts.

Aber wie kommt man nun zur Marschrutka? Von Chișinău nach Bălți gibt es drei verschiedene Möglichkeiten:

1. Die „offiziellen“ Marschrutkas vom Gara du Nord (Nordbahnhof) in Chișinău zum Auto Gara in Bălți.
Diese Variante nehme ich sehr selten, denn der Gara du Nord ist etwas außerhalb des Zentrums. Zudem ist die Marschrutka häufig extrem voll, da auf dem Weg Halt gemacht wird. Die Musik ist häufig besonders laut, weil die Autos im Schnitt etwas neuer sind.
Dafür gibt es ab und zu W-LAN und die Marschrutkas fahren mehr oder weniger nach Plan und später am Abend als die Konkurrenz. Diese Variante kostet 65 Lei (2.91 €), bezahlt wird am Auto vor der Fahrt.

2. Die „illegalen“ Marschrutkas (illegal sind sie nicht, aber ich habe mir angewöhnt, es so zu sagen). Diese fahren in Chișinău und Bălți neben den zentralen Autogara ab. Hier stehen Männer bereit und rufen „Bălți! ´Bălți!“ oder „Chișinău! Chișinău!“ (eher “ Kischinjow, Kischinjow!“ – die russische Aussprache).

Die Marschrutkafahrer stehen an der Ecke Str. Columna/Tighina in Chișinău und fahren Ecke Tighina/Alexandru cel Bun ab.

Marschrutka

Diese Marschrutkas fahren los wenn sie voll sind. Wenn man den Fahrern glauben schenkt (was man nicht tun sollte), geht es immer „sofort“ (srasu) los. Von wegen. Sofort kann alles von tatsächlich sofort bis 30 Minuten und mehr heißen. Manchmal hat man Glück und man ist der letzte, meistens natürlich nicht. Ich würde schätzen, dass ich im Schnitt 15 Minuten warte, bis die Marschrutka losfährt.
Diese Marschrutka hat den Vorteil, dass sie schneller ist und die Musik meistens etwas leiser ist. Dafür sind die Busse meistens ziemlich veraltet und mit Sicherheit nicht besonders sicher.
Die Fahrt kostet 60 Lei (2.69 €) und wird während der Fahrt nach vorne durchgegeben. Ein Procedere, an das ich mich schnell gewöhnt habe. Meistens sitzt eine junge, attraktive Frau neben dem Fahrer, die für ihn das Geld einsammelt, zählt und Wechselgeld ausgibt. Die Frauen sind eigentlich normale Passagiere, aber die Fahrer sitzen gerne neben ihnen. Sprechen tun die beiden aber nicht. Ich selbst hatte erst einmal die Ehre, diese Ausgabe zu übernehmen. In gewisser Weise ein Ritterschlag für meine Russischkenntnisse, denn die Lingua Marschrutka ist in der Regel Russisch, es sei denn, jemand möchte partout auf Rumänisch reden.

3. Per Auto. Diese Variante ist eigentlich genauso wie die „illegale“ Marschrutka, nur dass man mit alten Kombis fährt. Im letzten Jahr habe ich mich meist für’s Auto entschieden. Mir scheint es die schnellste Möglichkeit zu sein. Bei manchen Autos ist es auch deutlich komfortabler. Dafür ist hier die Musik meist lauter.

Die Fahrer stehen an der Ecke Str. Columna/Tighina in Chișinău; eine Fahrt kostet 65 Lei (2.91 €).

Ich habe berechnet, dass ich ungefähr eine Woche meines Lebens in Marschrutkas nach Chișinău verbracht habe. Den Großteil davon lesend, nehme ich an – nie hat sich die Investition in einen E-Reader so bezahlt gemacht.

 

Written by silberredner

31. Mai 2016 at 00:26

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Mehr oder weniger ohne Angst

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In Moldau gibt es (Überraschung) Homosexuelle. Und es gibt Menschen, die Homosexuelle und alle anderen LGBT-Menschen nicht mögen. Von der zweiten Sorte gibt es sogar eine ganze Menge. Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2014 würden 83% Homosexuelle nicht als Nachbarn und 93% nicht als Erzieher akzeptieren. Eine extrem homophobe orthodoxe Kirche verstärkt diese Einstellungen noch.

Doch es gibt Hoffnung: Wenige überzeugte Aktivisten kämpfen für Akzeptanz und Toleranz. Diese Menschen stehen auch hinter der Organisation des Pride Moldova, welcher gestern unter dem Motto „Fără Frică“ (ohne Angst) in Chisinau stattfand.

Ich hatte schon letztes Jahr teilgenommen und so stand für mich außer Frage, dass ich auch dieses Mal wieder dabei wäre. Christian, mein Herzenskollege aus Chisinau war leider nicht da, sein Besuch – zwei nette Österreicher namens Mimi und Armin – allerdings schon.

Auf der Demo sollten weiße T-Shirts mit der Aufschrift „Fără Frică“ getragen werden. Ich trug schon eins, wurde aber von einer Bekannten darauf hingewiesen, dass es gefährlich sei, das T-Shirt schon außerhalb der Demo zu zeigen. Leider hatte sie wohl recht und ich knöpfte meine Strickjacke zu. Dies war umso unschöner, als der Sommer endgültig nach Moldau gekommen ist und gestern Temperaturen um 30 Grad waren. Aber lieber schwitzen als bluten.

Beim Treffpunkt angekommen sahen wir Unmengen an Polizisten, die eine Gruppe von etwa 200 Menschen in weißen T-Shirts umringten. Das waren die Unsrigen. Die anderen, die auch nicht fehlen dürfen, waren noch nicht zu sehen. Mir kam der Aufwand etwas übertrieben vor, andererseits waren auf der Demo auch einige Botschafter (allerdings nicht die deutsche) und es wäre natürlich sehr unschön gewesen, wenn diese verprügelt worden wären.

Auch ansonsten gab es einige Internationale auf der Demo. Viele sprachen Englisch; ich schätze, dass etwa die Hälfte der Teilnehmer keine Moldauer waren. Dies könnte ein Grund sein, warum der Chef der Sozialisten Igor Dodon von einem Zusammenhang zwischen NATO und „Gay-Propaganda“ schwadroniert.

Kurz nach unserer Ankunft setzte sich die Demo langsam in Bewegung. Wir skandierten nichts, sondern unterhielten uns und beobachten die Menschen, die hinter den Polizeiketten unsere Demo begleiteten. Es handelte sich um eine Mischung aus Nazis und Christen. Ich dachte mir, dass es dieses Jahr deutlich weniger Gegendemonstranten waren. Nach einer Weile kamen wir allerdings zu einer Kreuzung, wo eine Gruppe Christen ihre Meinung zu Sünde und Familie kundtat. Kreuze und Ikonen wurden gehoben, Lieder gesungen. Alles noch im Rahmen.

Doch als wir an einem mehrstöckigen Haus vorbeikamen, schlugen plötzlich Eier zwischen uns auf. Ich hatte Glück, die Österreicher weniger. Beide wurden getroffen, Armin direkt auf den Arm. Verstört gingen wir weiter.

Plötzlich fingen unsere Begleiter hinter der Polizeikette an, vor die Demo zu laufen. Wir verstanden die Situation nicht und fragten uns, warum immer mehr Gegendemonstranten an uns vorbeiliefen. Die Polizisten wurden ebenso nervös und gaben sich laute Befehle. Schließlich setzten sie ihre Helme auf. Ich erwartete jeden Moment Steinwürfe.

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Wenn ich mich nicht irre, kamen wir so nach nur 400 Metern zum stehen. Hier ist die Strecke die wir gelaufen sind.

Strecke

Mehr ist im Moment in Moldau noch nicht zu machen.

Vor uns gab es ein Gedrängel zwischen Gegendemonstranten, die uns verprügeln wollten und Polizisten, die dies verhindern sollten. Das war wohl der unangenehmste Moment. Ich konnte nicht erkennen, wie viele Gegendemonstranten uns den Weg versperrten oder was vorne tatsächlich ablief. Nach ein paar Minuten hieß es: „Schnell in die Busse!“

Wie schon im letzten Jahr standen Busse bereit um uns von der Demo wegzufahren. Hätten wir uns einfach aufgelöst wären wohl viele von uns verprügelt worden. Im Bus sitzend sollten wir die T-Shirts ausziehen, damit wir nicht mehr erkannt werden konnten. Mir kam das ein bisschen seltsam vor, denn mit ein bisschen Hartnäckigkeit hätte man diese Busse auch so verfolgen können.

Wir fuhren aus der Innenstadt, wohl um abzuwarten bis sich die Situation beruhigt hatte. Nach einer kurzen Weile in der Hitze und noch voller Adrenalin und Angst fuhren die Busse wieder in die Stadt, zu einem Abschluss in einem Hotel.

Die Ganze Demo hat weniger als 30 Minuten gedauert. Danach wurde sie mit Hass gestoppt.

Hier ist die gesamte Demo als Video zu sehen. Und hier gibt es gute Fotos, die einen Überblick über den Ablauf geben.

Es war der größte Pride, der jemals in Moldau stattgefunden hat.

Written by silberredner

24. Mai 2016 at 00:35

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Mărțișor in Moldova

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Heute ist der 1. März. Das bedeutet, es ist Mărțișor (Marzischor).

Der schreckliche Winter soll vertrieben und der Frühling begrüßt werden. Meiner Meinung nach etwas optimistisch, immerhin kann er jederzeit nochmal wiederkommen.

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Um den Frühling zu begrüßen werden hier Milliarden solcher meist rot-weißen Anstecker verkauft. Alleine in Balti. Diese werden dann den ganzen Monat getragen und am Ende des März an einen Baum gehängt. Soweit ich weiß, kann man sich danach etwas wünschen. Leider sind diese Anstecker meistens aus Plastik, deshalb werde ich das auf jeden Fall nicht tun.

Ich bin stolzer Besitzer zweier Mărțișor – beide haben mir gutmeindene Studierende geschenkt. Man trägt sie an der Brust, etwa so wie wie ich hier:

Zeitweise hatte ich auch einen dritten Anstecker, den hatte mir ein Mädel auf der Straße geschenkt. Aber da ich schon zwei hatte, verschenkte ich diesen an die Verkäuferin im Tante-Emma-Laden meines Vertrauens. Die hatte nämlich noch keinen. Und das geht natürlich nicht.

Written by silberredner

1. März 2016 at 19:27

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Fahrradstadt Chisinau

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Fahrradstadt Chisinau

Written by silberredner

7. Mai 2015 at 15:17

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Iași – gesprochen Jasch

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Iași ist das historische Zentrum der Region Moldau. Verwirrender Weise gibt es nämlich in Rumänien auch eine Region die Moldova heißt. Das liegt daran, dass die Region in der Frühen Neuzeit (also z.B. im 16. Jahrhundert) zum Fürstentum Moldau gehörten. Woiwode (Fürst) war z.B. ein gewisser Stefan, auch Ștefan cel Mare (der Große) genannt. Sowohl Rumänien als auch Moldova beziehen sich auf das Fürstentum Moldau als Bezugspunkt ihrer Staatlichkeit.

Stefan ist darum überall: Als Statue und auf JEDEM moldauischen Geldschein. Nicht besonders einfallsreich. Die größte, wichtigste Straße ist dementsprechen auch meist der „Bulevardul Ștefan cel Mare“. Unter der Herrschaft Stefans wurden viele Kirchen gebaut und Kriege gegen die Osmanen gekämpft, von denen, in den Worten einer Studentin, „nur wenige verloren wurden“. Kurze Zeit konnte das Fürstentum in relativer Autonomie existieren. In einer Region, die traditionell von äußeren Mächten dominiert wird, ist dies verständlicherweise besonders wichtig.

Zurück zu Iași:Iași-Übersicht

Die Stadt war und ist ein wichtiges kulturelles Zentrum Rumäniens und war früher Hauptstadt des frühneuzeitlichen Fürstentums. Unter anderem wurde in Iași die erste Oper Rumäniens eröffnet, welche immer noch mit kreativer Werbung zu überzeugen weiß:

Opernwerbung

In diesem Wartehäuschen wird man mit Arien beschallt. Auf Dauer vielleicht ein bisschen nervig, aber trotzdem eine nette Idee.Leider gibt es nicht nur Kultur in Iași sondern auch Militarismus. Zum Zeitpunkt meines Besuchs in der Stadt (was nun schon eine Weile her ist) gab es eine kleine Werbeschau des rumänischen Militärs, mit welcher junge Menschen an das Sterben fürs Vaterland herangeführt werden sollten.MilitärSehr junge Menschen.KindersoldatinTrotz dieser absonderlichen Einlage ist Iași eine sehr angenehme Stadt mit einer offenen, freundlichen Atmosphäre unter anderem, weil es hier Grafittis wie dieses hier gibt:

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Zudem gibt es in der Stadt hübsche Ideen wie das Lichterfestival. Bei diesem stellen Pfadfinder in einem der hübschen städtischen Parks viele hundert Kerzen auf.LichterfestivalLichterfestival IINach Einbruch der Dunkelheit werden diese Kerzen angezündet und sehen überaus schön aus.

Lichterfestival IIILichterfestival IV

Iași liegt zwar in Rumänien aber manchen Menschen scheint die Grenze zwischen den Ländern nicht zu passen:

Bessarabien = Rumänien

Dies ist auch eine laufende Debatte in Moldova. Wo liegt die Zukunft des Landes? In den Armen des russischen Bären oder mit Europa auf dem Stier in Richtung Westen. Manche denken, dass letzteres am besten durch eine Vereinigung Moldaus mit Rumänien zu erreichen wäre. Andere denken, dass die Unterschiede zwischen den Ländern zu groß sind und betonen die moldauische Eigenständigkeit. Kein Wunder, dass Stefan weiter wichtig bleibt.

Written by silberredner

21. November 2014 at 15:41

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Ein Kreis schließt sich

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Vor ein paar Tagen ging ich im pittoresken Andreisch Park. Hier lässt sich realsozialistische Freizeitgestaltung genießen:

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Doch als ich mich nichtsahnend auf eine nahe Bank setzte, sah ich dies hier:

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Ich kam näher und tatsächlich: Es ist der Sitz des radikalkatholischen Internetsenders Gloria.tv.

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Ich suchte nach einem Klingelschild oder ähnlichem, aber da war nichts zu finden. Zu schade, ich hätte gerne mal „Hallo“ gesagt. Denn immerhin sendete Gloria.tv mal einen Fernsehauftritt mit mir.

Und das kam so:

2011 besuchte der Papst Deutschland und machte auch in Freiburg Halt. Da ich habe für die katholische Kirche im Allgemeinen und Papst Ratzinger im Speziellen wenig Zuneigung hatte (und habe) schloss ich mich dem Bündnis „Freiburg ohne Papst“ an. Dies bestand vor allem aus mittelalten Männern aus dem Dunstkreis der Rosa Hilfe Freiburg, einer Hilfsorganisation für sexuelle Minderheiten. Gemeinsam organisierten wir Diskussionsrunden, Vorträge und sammelten Unterschriften gegen die menschenfeindliche Politik der katholischen Kirche. Es war eine sehr schöne Zeit, denn wir waren eine Stimme für die Freiburger_innen, welche Vorbehalte gegen die Politik der katholischen Kirche hatten.

Im Rahmen dieser Aktionswochen trat ich im Regionalsender TV Südbaden auf. Das Thema der Sendung war, welche Rolle die Religion noch für die Jugend spielt. Ich diskutierte mit einem sympathischen, kritischen Katholiken und hörte mir die radikalen Ergüsse eines Piusbrüderanhängers an. Dieser Klerikalfaschistoide ruinierte leider die ganze Diskussion, denn er hatte mit dem kritischen Christen fast genau so wenig gemeinsam wie mit mir. Auch ansonsten war der Auftritt keine meine Sternstunden. Aber wer möchte, kann sich das gerne antun:

Ich hätte nie damit gerechnet, gerade hier wieder auf diese Episode meines Lebens gestoßen zu werden. Ich erinnerte mich auch dunkel an eine Spiegelreportage über Gloria.tv, welche auch die Reporter auch nach Bălți führte. Hier ist sie:

Written by silberredner

1. Oktober 2014 at 15:41

Bălți-Swag

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Balti SwagStreetart Bălți-Style

Written by silberredner

20. September 2014 at 17:22

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Tickettraditionen

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Auf den Fahrscheinen in Chișinău ist eine sechsstellige Zahl gedruckt:

BilletWenn die Quersumme der ersten und der zweiten drei Zahlen gleich sind, muss man den Fahrschein essen.

Wenn das nicht zutrifft, greift immer noch meine Fahrscheintradition:

Fahrscheinschiff

Written by silberredner

16. September 2014 at 07:49

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Chișinău Dreams

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Was für ein Schock: Zwei Wochen im beschaulichen Bălți und die Weltmetropole Chișinău verstört mich durch ihren schnellen Lebensstil. Überall Autos, viele Menschen und alle haben sie’s eilig! Ich hatte mich offensichtlich schnell an das ländliche Nordmoldau gewöhnt.

In Chișinău besuchte ich Christian, den anderen Bosch-Lektor in Moldau. Auch er ist erst seit kurzem im Land und zeigte mir die Stadt.

Als ich Ende August in Moldova ankam, hielt ich Chișinău für unglaublich hässlich, denn ich hatte nur große, runtergekommene Plattenbauten gesehen. Doch weit gefehlt. Chișinău vereinbart das 19. Jahrhundert, die Klasse der Bourgeoisie und die Beschaulichkeit des Dorfes, mit der sozialistischen Städteplanung und schließlich dem urbanen Leben des 21. Jahrhunderts.

Moldauische Flagge im Triumphbogen vor dem Parlament

Moldauische Flagge im Triumphbogen vor dem Parlament

Dörfliche Idylle mitten in der Stadt - hier kann man sogar noch den Hahn krähen hören.

Dörfliche Idylle mitten in der Stadt – hier kann man sogar noch den Hahn krähen hören.

Eine neue Kirche im alten Stil.

Eine neue Kirche im alten Stil.

Neu und alt - hübsch kombiniert.

Neu und alt – hübsch kombiniert.

Dieser romantische Seeblick ließ unsere Herzen höher schlagen.

Dieser romantische Seeblick ließ unsere Herzen höher schlagen.

Dieses Denkmal passt hervorragend zu meiner aktuellen Lektüre:  Orlando Figes' "A People's Tragedy". Anscheinend war der russische Bürgerkrieg doch nicht so super.

Dieses Denkmal passt hervorragend zu meiner aktuellen Lektüre: Orlando Figes‘ „A People’s Tragedy“. Anscheinend war der russische Bürgerkrieg doch nicht so super.

Putin-Streetart

Putin-Streetart

Wie so häufig bei Ländern mit einer großen Hauptstadt schein auch Chișinău das kreative und junge Herz des Landes zu sein. So besuchten Christian und ich eine Veranstaltung lokaler Künstler, welche sich der Neugestaltung und Verschönerung eines kleines Platzes verschrieben haben.

Künstler bei der ArbeitZwar ist während unseres Besuchs nicht allzu viel passiert, aber eigentlich sollte es Vorträge internationaler Künstler geben. Zu diesen waren wir nicht da, stattdessen gab es für uns Eis, das die Gruppe umsonst verteilte.

Geschenktes Eis - Bestes Eis!

Geschenktes Eis – Bestes Eis!

Letztendlich gab es doch noch eine Kunstaktion: Eine Installation wurde mit Wasser gefüllt.

P1080697Dauerhaft sollte diese Installation wohl nicht bleiben – so nutzte es nur die lokale Jugend, um gnadenlose Hatz auf wohlmeinende Deutschlektoren zu machen.

Als ich die Kamera herausholte, spornte sie das erst richtig an. Aus ihren Augen sprühte der Vernichtungswille. Hier half nur laufen.

Als ich die Kamera herausholte, spornte sie das erst richtig an. Aus ihren Augen sprühte der Vernichtungswille.
Hier half nur laufen.

Written by silberredner

15. September 2014 at 22:14

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Der Semesterauftakt

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Seit dem 1. September bin ich nun tatsächlich Universitätsdozent. Das eine Rolle, an die ich mich auf jeden Fall noch gewöhnen muss.

Zu Beginn des Semesters gab es eine Feier im Belzer Theater für die Erstsemester. Das Programm hätte nicht weiter an den Interessen von Erstis vorbei geplant werden können.

Gerade spricht der Uni-Rektor Gheorghe Popa

Gerade spricht der Uni-Rektor Gheorghe Popa

Lange Reden von Universitätfunktionären, der Sozialministerin und einem Vertreter der Firma Dräxlmaier, welche eine Kooperation mit der Universität hat, handelten vom süßen Studentenleben und neuen Lebensabschnitten und so weiter. Es ist allerdings auch maßlos unfair von mir, Reden zu beurteilen, die ich nur in Ausschnitten von meiner Ansprechpartnerin zusammengefasst bekam. Dennoch schien mir der steife Rahmen und das Programm, das nur aus Reden bestand, ziemlich einlullend.

Obwohl! Zu Beginn und zum Schluss wurde die Nationalhymne gesungen (ganz schmissig):

Dann begann die erste Woche. Ich habe im Moment drei Kurse: Ein Seminar zur Geschichte und Kultur Deutschlands (bzw. der D-A-CH-L-Länder) sowie zwei Übungen zu diesem Seminar. In der Terminierung der Kurse wurde sehr auf mich eingegangen: Ich wollte meine Kurse gerne morgens und auch gerne an zwei Tagen hintereinander. Genau das habe ich auch bekommen. Unter http://orar.usarb.md/ und Profesor Teune, Jonas ist mein aktueller Stundenplan einzusehen.

Erfreulicherweise hatte ich ebenso viele Freiheiten bei meiner Semesterplanung. Ich wollte nach einer kurzen Theorieeinführung (es geht doch nichts ohne Sozialkonstruktivismus) einen Schnelldurchlauf durch die deutsch-europäische Geschichte der Moderne machen. Dies war aber wahrscheinlich ähnlich nah an den Interessen der Studierenden wie die Erstsemsterfeier, also änderte ich nach der ersten Stunde den Semesterplan etwas um. Die Theorie blieb aber. Ohne geht es einfach nicht.

Da die Studierenden im verschulten System nicht wirklich Wahlmöglichkeiten haben, sind sie in Klassen organisiert. Im Seminar habe ich zwei Klassen gemeinsam, in den Übungen sind die Klassen jeweils einzeln.

Die Studierenden sind jetzt im dritten Jahr und werden entweder Lehrerinnen oder Übersetzerinnen. Für fast alle gilt, dass sie vor ihrem Studienbeginn noch kein Deutsch konnten. Gerade wenn man dies bedenkt, ist das Können der Studierenden beeindruckend. Doch nicht nur das – bisher scheinen sie auch meine öden Theorieexkurse (Hayden White, Bourdieu, als letztes kommt Benedict Anderson) gut zu ertragen.

Wenn es so weiterläuft, wird das Semester sehr gut werden!

Written by silberredner

15. September 2014 at 08:00

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Universitatea de Stat «A.Russo» din Bălţi – Alma Mater

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Meine neue Universität ist die Staatliche Alecu-Russo-Universität Bălți, bzw. Universitatea de Stat «A.Russo» din Bălţi, bzw. Бельцкий государственный университет имени Алеку Руссо. Die Universität ist nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet worden und war in Sowjetzeiten für ihre Fremdsprachenabteilung berühmt. Wie sich für mich herausstellen sollte, ist dies immer noch gerechtfertigt.

Der Universitätscampus befindet sich im Stadtzentrum, zwischen Unabhängigkeits- und Puschkinstraße.1

Universitätstor

Der Campus ist grün und schön, die Gebäude nicht neu, oder zumindest sehen sie nicht so aus. Trotzdem scheint alles gut im Schuss zu sein, vor Semesterbeginn ließ die Universität noch ihr Tor neu streichen.

Hier einige Impressionen des sommerlichen Universitätsalltags.

Mein Fakultätsgebäude - Meine Ansprechpartnerin Irina versicherte mir, dass es um die Jahrtausendwende gebaut worden sei. Ich hatte gefragt, ob es in den 40er oder 50ern gebaut worden war.

Mein Fakultätsgebäude – Meine Ansprechpartnerin Irina versicherte mir, dass es um die Jahrtausendwende gebaut worden sei. Ich hatte gefragt, ob es in den 40er oder 50ern gebaut worden war.

Da hinten geht's zu den Wirtschaftswissenschaften, links ist mein Fakultätsgebäude.

Da hinten geht’s zu den Wirtschaftswissenschaften, links ist mein Fakultätsgebäude.

Der Brunnen im Detail

Der Brunnen im Detail

Sommerlicher Campus

Sommerlicher Campus

Grüner Campus

Grüner Campus

Die Universitätsbibliothek

Die Universitätsbibliothek

Der zentrale Brunnen

Der zentrale Brunnen

Die Mensa soll lecker sein, hat für Vegetarier aber wenig zu bieten.

Die Mensa soll lecker sein, hat für Vegetarier aber wenig zu bieten.

Der Campus ist klein und übersichtlich. Die Atmosphäre ist nach 14:00 Uhr, wenn die Klassen der Studierenden vorüber sind, sehr ruhig – fast schon meditativ. In den Unterrichtspausen füllt sich der Campus jedoch mit einer enormen Menge an Studierenden, welche versuchen, die zehn Minuten bis zur nächsten Stunde auszunutzen.

1Puschkin lebte eine Zeit in Bessarabien.

Written by silberredner

14. September 2014 at 20:37

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Bălțibilder

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In Bălți lebt noch das architektonische Erbe der Sowjetunion. Hier ein paar Bilder aus der Innenstadt:InnenstadtTheaterInnenstadt IIUnd hübsche Parks gibt es auch:

ParkIn meiner Umgebung sieht es deutlich provinzieller aus:

StraßeStraße IIVon einem nahen Hügel hat man einen schönen Ausblick über die Stadt:

StadtüberblickUnd den See in meiner Nachbarschaft:

See

Written by silberredner

3. September 2014 at 17:02

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Fotos! Fotos! Fotos!

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Seit Samstag wohne ich nun in der Str. Independenţei im Zentrum von Bălți. Zum zentralen Platz sind es etwa zehn Minuten zu Fuß, zu meiner Unversität sogar nur fünf. Um einen Eindruck zu vermitteln habe ich ein paar Fotos gemacht.

Meine Straße:

Str. IndependenţeiMeine Einfahrt:

EinfahrtMein Block:

BlockMein Flur:

FlurMein Wohnzimmer:

WohnzimmerUnd der Blick ins Zimmer:

WohnzimmerblickMein Schlafzimmer:

SchlafzimmerMeine Küche:

KücheUnd schließlich das Bad:

BadezimmerUnd zum Schluss der Blick aus dem Fenster:

FensterblickFensterblick2Fensterblick3

 

 

 

Written by silberredner

27. August 2014 at 10:01

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Und nun etwas ganz anderes:

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Bălţi.

Das kennt wohl keiner.

Moldawien.

Das kennen schon mehr.

Moldawien schmiegt sich halbmondförmig entweder an Rumänien und die Ukraine, je nachdem wie man ethno-politisch steht. Denn einerseits ist das Land eine ehemalige Sowjetrepublik (in der auch Breschnew und Tschernenko aktiv waren), andererseits ist die Mehrheit der Bevölkerung rumänischsprachig und das Land war in der Zwischenkriegszeit (größtenteils) Teil Rumäniens.

Bălţi ist die drittgrößte Stadt Moldawiens (wenn man Tiraspol in Transnistrien mitrechnet) und liegt im ländlichen Norden des Landes.

Man merkt schnell: So einfach ist hier nichts.

Ich werde hier im Rahmen eines Boschlektorats an der Universität Deutsch unterrichten und meine zahlreichen Niederlagen und Erfolge ab jetzt hier dokumentieren.

 

Written by silberredner

26. August 2014 at 23:56

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